Samstag, 6. Juni 2015
Das Haus der Blutegel
Schon lange stand das alte Haus am Waldrand leer. Wenn der Mond durch die Fenster schien, warf sein Licht die Schatten der Fensterkreuze als umgedrehte Kreuze neben den Eingang des Hauses. Viele fürchteten das Haus, und manch einer berichtete, dass des nachts Nebel um das Haus waberte, welcher nach Blut roch.

Anna hatte nie an diese Geschichten geglaubt. Sie sah am Waldrand immer nur eins, ein altes, verlassenes Haus. Sie hatte nie verstanden, warum so viele Menschen einen großen Bogen um das Haus machten, und auch nur selten darüber
redeten.

So beschloss Anna, als der nächste Vollmond kam, würde sie in das Haus gehen, um selbst zu sehen, was es mit dem Haus auf sich hatte.

Als die Nacht hereinbrach, schlich sich Anna aus dem Haus und ging zum Wald. Wie es erzählt wurde, lagen zwei umgekehrte Kreuze auf dem Boden. Anna atmete
tief ein. Es roch nach Blut. Doch Anna ging weiter auf das Haus zu, und schritt durch die Tür. Der Mond hüllte das Haus auch innen in einen silbrigen Schein.

Anna schritt durch die Zimmer. An den Wänden hingen leere Bilderrahmen, verziert von Spinnenweben. Sie höte ein Geräusch, wie ein Gurgeln oder Blubbern. Sie sah sich um, und fand den Weg in die Küche. Das Geräusch wurde lauter.

Anna sah in die Spüle. Aus dem Abfluss krochen unmengen von Blutegeln, die sich
über die Arbeitsplatte verteilten. Erschrocken drehte sie sich um. Auch der Boden
war voll mit den Tieren. Selbst unter ihren Füßen waren sie.

Dann spürte sie etwas auf ihrem Kopf. Sie sah nach oben, und auch durch die Decke fielen Blutegel. Mehr und mehr. Sie krochen auf Anna zu, in ihre Schuhe, an ihren Beinen hoch.

Anan wollte schreien, doch auch ihr Mund war plötzlich gefüllt mit schleimigen, kleinen Dingern. Ihr wurde schwarz vor Augen, dann fiel sie zu Boden.

Als die Sonne am morgen in das Haus schien, war es leer.